
Die Wintersonne lag hell über dem Dorf und ließ den Schnee wie Kristalle glitzern. Im Haus der Lindners war es warm und einladend: Kerzenschein erfüllte das Wohnzimmer, der Duft frisch gebackener Zimtschnecken zog durch die Räume und dampfender Tee wartete auf die Gäste. Die Dorfbewohner lachten, plauderten und genossen die friedliche Stimmung.
Doch in Emmys Kopf kreisten noch immer die Gedanken um den verschwundenen Weihnachtsstern. Gemeinsam mit Sophie ließ sie den Blick durchs Zimmer wandern. Als könne irgendwo ein Hinweis verborgen sein.
Plötzlich blieb Emmy stehen. „Schau mal, Sophie“, flüsterte sie und deutete auf den Weihnachtsbaum, der mitten im Wohnzimmer prangte. Zwischen den funkelnden Kugeln und goldenen Girlanden hing ein kleines Glöckchen – und daran ein silberner Faden, der verdächtig vertraut aussah. Sophie riss die Augen auf. „Das ist doch … genau so einer wie draußen am Zaun!“ Ihre Stimme klang atemlos und für einen Moment schauten beide wie gebannt auf den schimmernden Faden, der sich kaum vom restlichen Schmuck unterschied – und doch ein Geheimnis in sich trug.
Schnell zog Sophie Emmy in die Küche, wo es etwas ruhiger war. Nur das Summen des Wasserkochers war zu hören. „Emmy … ich muss dir etwas erzählen“, begann sie leise. „Meine Eltern haben gestern über die Lindners gesprochen. Sie meinten, die Familie hat Geldsorgen. Was, wenn der Stern gar nicht gestohlen wurde? Was, wenn … jemand aus der Familie ihn selbst genommen hat? Vielleicht, um ihn zu verkaufen?“
Emmy starrte sie an. „Aber … der Stern ist doch ein Erbstück! Würden sie so etwas wirklich hergeben?“ „Man weiß nie“, flüsterte Sophie. „Vielleicht hatten sie keine andere Wahl. Sie wirken freundlich – aber wer weiß, was sie verbergen.“
Emmy schwieg, ihr Herz klopfte heftig. Der silberne Faden am Baum … könnte er ein Beweis sein? Der Gedanke schmerzte sie. „Vielleicht sind sie einfach zu stolz, um über ihre Sorgen zu sprechen“, murmelte sie. „Genau“, sagte Sophie. „Darum dürfen wir nichts ausschließen.“
Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrten, lachten die Gäste und die Lindners schenkten Tee nach, als sei alles in bester Ordnung. Doch in Emmys Brust legte sich ein dunkler Schatten über die Lichter des Raumes.
Eines war klar: Sie durfte sich nicht vom Glanz der Kerzen täuschen lassen. Hinter der festlichen Fassade konnte sich mehr verbergen, als es schien. Und Emmy schwor sich: Sie würde nicht ruhen, bis sie die Wahrheit über den Weihnachtsstern gefunden hatte.
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