Weihnachtsmarkt

Am 5. Dezember erwacht das Dorf in festlicher Vorfreude, denn heute öffnet der Weihnachtsmarkt seine Pforten. Schon aus der Ferne liegt ein süßer Hauch von Zuckerwatte und frisch gebrannten Mandeln in der Luft. Dazu mischt sich der würzige Duft von Glühwein, heißen Kastanien und einer Prise Zimt, die wie ein unsichtbarer Teppich über die verschneiten Gassen weht. Überall glitzern die Lichterketten, Laternen werfen ein goldenes Schimmern über den Platz, und die liebevoll dekorierten Stände lassen alles wirken wie aus einem Wintermärchen.

Für Emmy ist der Besuch des Weihnachtsmarkts ein festes Ritual im Dezember. Auch wenn der verschwundene Weihnachtsstern ihr nicht aus dem Kopf geht, kann sie der magischen Stimmung nicht widerstehen. Nach der Schule zieht sie ihre dicke Mütze tief ins Gesicht und macht sich auf den Weg – nicht nur, um die festliche Freude zu genießen, sondern auch in der Hoffnung, neue Hinweise zu entdecken.

Auf dem Markt angekommen, lässt sie sich von der besonderen Atmosphäre einfangen. Kinder lachen, während sie sich Zuckerwatte teilen, Musikanten spielen ein altes Weihnachtslied und die Stimmen der Besucher verweben sich zu einem warmen Klangbild. Emmy probiert kleine Leckereien, hält den dampfenden Kinderpunsch in ihren Händen, der an diesem kalten Tag besonders wohltut und bestaunt das funkelnde Lichtermeer. Doch ihr detektivischer Spürsinn bleibt wach – ihre Augen schweifen aufmerksam von Stand zu Stand.

Zwischen all den freundlichen Gesprächen vernimmt sie immer wieder geflüsterte Worte über den verschwundenen Weihnachtsstern. „Schade, wirklich schade …“, hört sie eine ältere Frau sagen, während sie an einem Stand mit Holzfiguren steht. „So etwas gab es hier noch nie.“ Ein Standbetreiber erzählt leise, er habe am Tag des Verschwindens ein paar Fremde in der Nähe des Lindner-Hauses gesehen – Leute, die nicht aus dem Dorf stammen.

Emmy spitzt die Ohren, ihr Herz schlägt schneller. Könnte das der erste richtige Hinweis sein? Neugierig rückt sie näher, fragt freundlich nach und notiert gedanklich jedes Detail. Immer wieder spricht sie mit den Marktbesuchern und obwohl nicht jeder etwas Handfestes weiß, fügt sich für sie langsam ein Mosaik aus kleinen Beobachtungen zusammen.

Die Freude des Weihnachtsmarkts mischt sich für sie mit der Spannung ihrer geheimen Suche. Sie genießt die Atmosphäre – die Musik, das Lachen, die bunten Lichter – und doch bleibt der Gedanke an den verschwundenen Stern wie ein leiser Schatten in ihrem Hinterkopf.

Als der Abend sich dem Ende neigt, verlässt Emmy den Markt nicht nur mit schönen Erinnerungen, sondern auch mit neuen, vielversprechenden Ansätzen für ihre Detektivarbeit. Der Weihnachtsstern bleibt verschwunden – aber heute hat sie das Gefühl, dass sie ihm ein kleines Stück nähergekommen ist.  

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